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Fritz Oerter
Franzisco Ferrer
Solange die Welt besteht, war es so: vor jedem Wendepunkt in der Geschichte
tauchten kühne Empörer aus der Masse auf, die wider die alten Gewalten
losstürmten und die Menschheit auf neue, freiere Bahnen hinwiesen. Sie sind in
der Regel Opfer und Märtyrer ihrer Überzeugung geworden und haben ein tragisches
Ende genommen. Erst späteren Generationen, die mittlerweile sich die Lehren und
ziele jener selbstlosen Vorkämpfer zu eigen gemacht, gelingt es dann, die hohen
Lehren und Ziele jener Großen zu verwirklichen.
Jede geistige und wirtschaftliche Umwälzung hat ihre Vorläufer, ihre Wegbereiter
gehabt, die ihr Leben für die große Sache der Menschheitsbefreiung dahingaben.
Zu diesen Großen zählt auch Franzisko Ferrer, an dem am 13. Oktober 1909 ein
niederträchtiger Justizmord verübt wurde.
Seit jenem finsteren Tage ist es in Europa und speziell in Ferrers Heimatland
noch nicht viel besser und anders geworden. Im Gegenteil es sieht aus, als ob
durch den Krieg, der ein Läuterungsbad für die Menschheit hätte sein können,
sofern noch ein guter Kern in ihre stak, die Rohheit und Vertiertheit der
Gewalthaber und ihrer Werkzeuge viel schlimmer geworden wäre.
Es gehört fürwahr ein starker Mut dazu, angesichts der zahllosen politischen
Mordtaten, die Deutschland immer mehr in Verruf bringen, angesichts des
Indifferentismus und der Stupidität der Massen, noch an den Fortschritt des
Guten zu glauben. Und doch würde das Leben allen Sinn und allen Wert verlieren,
wenn dieser Glauben und damit das Streben nach Freiheit verloren ginge.
Nach dem Krieg hat sich sowohl in den besiegten, sowohl wie auch in den
Siegerländern die Reaktion wieder stark befestigt, ja selbst in jenen Staaten,
die sich nicht in den Krieg haben hineinziehen lassen, z.B. die Schweiz und
Spanien errang die Reaktion eine starke Position. In Spanien zumal übt sie jenen
fürchterlichen Terror aus. Dort haben sich – genau wie bei uns – Mörderbanden
gebildet, vor denen kein aufrechter Syndikalist oder Anarchist seines Lebens
mehr sicher ist. Viele unserer besten und mutigsten Kameraden sind auf offener
Straße aus dem Hinterhalt erschossen worden, ohne dass die Mörder – ebenfalls
genau wie bei uns - von der Polizei erwischt worden wären. Auch in Spanien haben
die Kapitalisten während des Krieges ungeheure Profite eingesackt, auch dort ist
das schaffende Volk nach allen Regeln der Kunst ausgebeutet und bewuchert
worden, auch dort sitzen die Reichen breit auf ihren Geldsäcken und geraubten
Besitz. Sie wollen nicht nur nichts mehr davon hergeben, sondern die Arbeiter so
in Fesseln schlagen, dass sie sich auch noch alle Lasten des Staates auf die
Schultern wälzen lassen müssen.
Aus: “Der freie Arbeiter”, Nr. 41/1921
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