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Curt Moeller
Am 14. Januar 1986 ist in Aachen Curt Moeller gestorben. Er wurde 1905 in
Vaalserquartier geboren und entstammte einer sozialdemokratischen
Arbeiterfamilie. Kurz nach dem 1. Weltkrieg machte er eine Lehre als Schreiner.
Von seinem Onkel (der politisch als „schwarzes Schaf“ in der Familie galt)
erhielt er regelmäßig die Zeitung „Der Syndikalist“, das Organ der
anarchosyndikalistischen FAUD. Es dauerte nicht lange, bis auch Curt Mitglied
dieser linksradikalen Gewerkschaft wurde, die zwischen 1919 und 1924 in der
organisierten Arbeiterschaft eine gewisse Rolle spielte. Curt blieb Zeit seines
Lebens Anarchist, Verfechter einer sozialen und politischen Utopie der
Gesellschaft ohne Herrschaft und Ausbeutung.
Aktiv im Untergrund der Nazizeit half er mit, Dutzenden von Menschen das Leben
zu retten: nicht nur deutsche Anarchisten, sondern auch Juden und französische
Zwangsarbeiter wurden über Aachen ins nahe Ausland geleitet. Nach dem 2.
Weltkrieg, dessen Ende er als frisch Gezogener erlebte, der unweit von Köln sich
entschloß, eigenmächtig nach Aachen zurückzukehren, war er jahrelang
Vorsitzender der Aachener Sektion der Gewerkschaft Holz und Kunststoff.
Besonders aktiv war er in den Fünfziger Jahren in der antimilitaristischen
Bewegung; dabei hatte er viele und besonders enge Kontakte zu belgischen
Gleichgesinnten.
In der Zeit der bundesrepublikanischen Restauration gab es keine anarchistische
Bewegung mehr. Erst in und nach den Studentenunruhen zu Ende der Sechziger Jahre
wurden die anarchistischen Ideen wiederentdeckt. Curt, der in Herz und Verstand
Anarchist geblieben war, war an den neuen Diskussionen und Aktivitäten rege
beteiligt.
Ich lernte Curt 1978 kennen. Was mir bei ihm sofort auffiel und ihn mir lieb
gewinnen ließ, war seine herzliche Art, seine bemerkenswerte Bescheidenheit in
persönlichen Dingen und andererseits seine umfassende Bildung. Was er sagte –
und wer ihn kannte, weiß wie schwer er in manchen Diskussionen zu stoppen war –
hatte Hand und Fuß. Curts Wohnung war in den letzten 10 Jahren zu einem kleinen
Kommunikationstreffpunkt geworden, wo örtliche Aktivitäten der verschiedensten
Art erörtert und mitgeplant wurden, wo aber auch häufig spontane Diskussionen
über Politik und Kultur geführt wurden.
Als Anarchist hat Curt Andersdenkende nie verachtet, vielmehr versucht, ihre
Denkfehler aufzuzeigen. So ist es nicht verwunderlich, dass zu seinem
Bekanntenkreis auch Kommunisten und Christen gehörten, die ihn schätzten.
In einem Buch über den anarchistischen Widerstand im Nationalsozialismus, das
auf eine Anregung Curts hin entstand, schrieb er 1980 als Schlusssatz eines
Rückblicks: „Erst mit einer neuen Generation kann die Befreiung von Parteien-
und Kirchengläubigkeit erwartet werden; und damit auch die Befreiung von den
verhängnisvollen Fesseln des Zentralismus. Der neue Weg bedeutet Zusammenschluß
von der Basis aus zu Organisationen nach den freiheitlichen Grundsätzen des
Föderalismus.“
Peter Walter, Gummersbach
Aus: Schwarzer Faden, Nr. 21 (1986)
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