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Fritz Kater
Vortrag über die Aufgaben der FAUD und des
Syndikalismus
Gehalten auf der III. Konferenz der Föderation der Bauberufe Deutschlands der
FAUD vom 28. bis 30. Dezember 1924.
Vor allen Dingen sollte in unseren Reihen volle Klarheit herrschen über die
Aufgaben, welche die syndikalistische Bewegung zunächst heute und dann in der
Zukunft zu erfüllen hat. Leider ist das nicht überall der Fall.
So ist noch immer zu verzeichnen, dass einige Kameraden meinen, und sich auch
dafür einsetzen, die F.A.U.D. (A.S.) sei ausschließlich eine Ideen- Gemeinschaft
und als solche nur eine Kulturbewegung. Eine solche Einstellung ist falsch.
Der revolutionäre Syndikalismus hat zur Voraussetzung, wenn er verwirklicht
werden soll, den engen und festen Zusammenschluß solcher Menschen, deren
Interessen eng aneinander liegen und nicht miteinander kollidieren.
Also Interessen- Gemeinschaften sind zu bilden zu dem Zweck, diese so
aktionsfähig zu gestalten, dass sie - und da es sich hier um Arbeiter Handelt! -
schon heute in der Lage sind, der kapitalistischen Gesellschaft möglichst hohe
Vorteile abzuringen und gleichzeitig das sozialistische Ideal, die unbedingte
Solidarität, kurz alles, was unsere Prinzipienerklärung beinhaltet, den
Mitgliedern geistig und seelisch zu vermitteln.
Wer einer anderen Auffassung ist, hat den Inhalt unserer Prinzipienerklärung,
besonders aber die Aufgaben, welche die Syndikate (Gewerkschaftlichen
Organisationen und Föderationen) zu erfüllen haben, nicht begriffen. Mit dem
Moment, wo der Haupt- oder gar ausschließliche Wert auf die "Ideen-
Gemeinschaft" gelegt wird, ist der Syndikalismus, resp. die syndikalistische
Bewegung, welche sich hier in Deutschland in der F.A.U.D. (A.S.) verkörpert,
erledigt. Denn Syndikalismus ist Wirtschaftsorganisation, zu dem Zweck, die
ökonomische Lage der Arbeiter in der heutigen Gesellschaft zu bessern. Kurze
Arbeitszeit und möglichst gutes Auskommen sind die Vorbedingungen, um die
Arbeiterschaft höheren Idealen zugänglich zu machen. Dazu die Syndikate, der
Syndikalismus.
Uns liegt nicht daran, den Staat, den politischen Überbau zu erobern, der sich
nur auf Grund der ökonomischen Macht der privilegierten Klassen behaupten kann.
Uns liegt vielmehr daran, dem Staat die Quellen abzugraben, also ihm das
ökonomische Fundament zu nehmen. Das haben wir schon mehr als ein halbes
Menschenalter gepredigt. Dieses Prinzip muß aufrecht erhalten bleiben.
Selbstverständlich müssen wir bei unseren wirtschaftlichen Kämpfen immer die
Augen offen haben und die uns aufoktroyierten wirtschaftlichen und politischen
Verhältnisse im revolutionären Sinne zu meistern suchen. D.h. zur rechten Zeit
das Richtige tun. Also uns Bewegungsfreiheit erhalten.
Welche Aufgaben haben denn lebendige Gewerkschaften zu erfüllen? Diese Frage
stellen, heißt sie beantworten: Nicht stumpfsinnig hinvegetieren, sondern die
Augen und Ohren offen halten. Auch nicht die Interessengemeinschaft in dem engen
Sinne verstehen, daß sie in Berufe- und Fachsimpelei ausartet. Es gilt die
einzelnen Berufe- oder Fachgruppen zusammenzufassen in Industrie-Organisationen
und Industrie- Föderationen. Nur so kann die wahre Schlagkraft und die dazu
gehörige Solidarität zweckdienlich erreicht werden.
Wir haben uns auch Gedanken darüber zu machen, was dann wird, wenn die
elektrischen Kraftquellen nicht mehr erzeugt werden durch die schwarzen
Diamanten, welche von den heutigen Grubensklaven ans Licht der Sonne gefördert
werden. Wenn Licht und sämtliche Antriebskräfte etc. zu Wasser und zu Lande
erzeugt werden ohne die Kohle, wie viel Hunderttausende Arbeitskräfte werden
dann überflüssig. Und wenn auch der Bauberuf darunter nicht direkt so leidet,
wie alle anderen Betriebe, so wird doch die Zeit nicht ferne sein. Wo die
anderwegen überflüssig werdenden Arbeiter diese Industrie überschwemmen.
An all diese Dinge haben wir heut schon zu denken und unsere Agitation darauf
einzustellen, wenn nicht all unser Ringen und Kämpfen doch vergeblich gewesen
sein soll. Das privatkapitalistische Unternehmertum wird sich den Teufel darum
scheren, was aus all den Arbeitern wird, die aus dem Produktionsprozeß
ausgeschaltet werden. Angesichts dieser drohenden Gefahr muß sich das
Proletariat immer mehr als einige Klasse fühlen und mit aller Kraft daran
arbeiten, das Klassenbewusstsein zu heben, um zur rechten Zeit geschlossen den
allumfassenden Befreiungskampf zur Beseitigung der Lohnknechtschaft und
Errichtung der klassenlosen Gesellschaft führen zu können.
Voraussetzung hierfür ist aber auch, dass der Sozialismus schon heute, wie der
Embryo im Mutterleibe, durch die Arbeiter-Organisation entwickelt wird, damit er
am Tage nach der großen Auseinandersetzung mit der kapitalistischen Gesellschaft
und ihren Machtinstitutionen als lebenssprühender Jüngling in Wirkung treten
kann. Wir wollen unsere Berufs- resp. Industrie- Föderation, unsere Orts-,
Kreis-, ,Provinz- und Landes-Arbeitsbörsen dahin ausbauen, dass sie in der Lage
sind, die Produktion weiterzuführen im Antiautoritäten, sozialistischen Sinne
und die Konsumtion regeln, ohne Obrigkeit und sonstige Autoritäten. Nicht im
Regieren darf die Kunst liegen, des Volkes Wohl zu pflegen, sondern im Verwalten
der Dinge, von denen das Wohl aller Mensch abhängt (...)"
Fritz Kater - Schlusswort auf der III. Konferenz der Föderation der Bauberufe
Deutschlands der FAUD vom 28. bis 30. Dezember 1924
"(...) Anders liegen die Dinge in Leipzig, Dresden und noch manchen anderen
Orten. Dort stehe man noch immer auf dem Standpunkt, alles durch eine Freie
Vereinigung aller Berufe erreichen zu können. Wohingegen es doch jedermann
einleuchten müsse, dass mit solchen allgemeinen Organisationen die Aufbauarbeit,
welche Voraussetzung für die sozialistische Produktion und Distribution
(Verteilung) ist, nicht erfüllt werden kann.
Die Vereine aller Berufe sind eben keine Syndikate. Sie sind im besten Fall gute
Propaganda-Vereinigungen für die syndikalistische Idee und gute Bildungsstätten.
Also mehr Ideen- als Interessen- Gemeinschaften. Das werden jene Genossen
vielleicht auch bald einsehen, besonders aber wohl dann, wenn es sich um das
Werben von Mitgliedern und um die Wahrnehmung deren wirtschaftlichen Interessen
in der heutigen Gesellschaft handelt.
Die Syndikalisten stellen also in erster Linie eine Interessen- Gemeinschaft dar
und da sie antiautoritäre revolutionäre Sozialisten und bestrebt sind, diese
Ideen ihren Klassengenossen zu vermitteln, sind sie auch eine Ideen-
Gemeinschaft. Die Organisationen sind demnach auch als Schul- oder Lehrinstitute
zu betrachten. Sie können aber nur auf denjenigen tieferen Einfluß ausüben, den
sie als Mitglied gewonnen haben. Schon aus diesem Grunde ist die Organisation
Vorbedingung für den revolutionären Klassenkampf. Wer aber von sozialistischer
Gesellschaft spricht, muß sich vor allem über eines klar sein: soll eine
Gesellschaft gut funktionieren, dann ist hierfür die vorgesehene Organisation
ausschlaggebend. Ist diese nicht auf der Höhe in jeder Beziehung, dann ist das
Chaos unausbleiblich.
Eine Gemeinwirtschaft entsteht nicht aus sich selbst. Am allerwenigsten eine
solche, wie sie wir Syndikalisten uns vorstellen, daher müssen die
wirtschaftlichen Organisationen schon haute versuchen, alle Vorbedingungen für
dieselbe zu schaffen. Und diese sind die Syndikate der Berufe- resp.
Industriearbeiter-Föderationen. (...)"
Aus: "Der Bauarbeiter. Organ der Föderation der Bauarbeiter Deutschlands
Mitglied der F.A.U.D. (A.S.)", Nr. 1/1925
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