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Otto Bramburg:
Gangster- und Pinkerton- Methoden der SED
Was den stalinistischen Fanatikern nicht genehm ist, wird in der Ostzone ins KZ
gebracht. Das sind vor allem die ehrlichen Demokraten, Sozialisten und
Anarchisten, die schon in der Hitlerzeit das Grauen des KZ- Lebens zu spüren
bekamen. Und weil gerade sie die Politik, die ein Staat treibt, vom sozialen und
sozialistischen Gesichtspunkt betrachten und kritisieren, sind sie den
stalinhörigen Regierungsmännern der DDR hassenswerter als die Pest.
Vor zwei Jahren hat man bereits zu einem Schlag gegen Sozialisten verschiedener
Richtungen in der Ostzone ausgeholt. Die meisten hält man im Lager Bautzen
gefangen, wo sie langsam aber sicher zugrunde gehen. Die Vernichtung des
politischen Oppositionellen ist das wahre Ziel der neuen stalinistischen
Gestapo, des SSD. Daß in den KZ- Lagern der Ostzone Menschen ohne Prozeß seit 5
Jahren gefangengehalten, dass in diesen KZ- Lagern der Ostzone Zustände
herrschen wie in der Hitlerzeit - Zustände, die einer beabsichtigten Ermordung
gleichkommen - und viele nicht zu beschreibende Verbrechen an wehrlosen Menschen
begangen werden, stört die Fortschrittskräfte nicht im geringsten. Für die
Parteiverbrechen haben sie, wie früher die Nazis, nur ein inneres schadenfrohes
Grinsen !
Ein Sozialist nach dem anderen stirbt im KZ Bautzen. Stirbt an Schwäche, an TB !
Dazu aber schweigt die VVN. Warum ? Die VVN will doch "überparteilich" sein !
Galt ihr Kampf nur den Hitler- KZ ?
Die VVN schweigt, selbst wenn alte Kommunisten heute von der Stalin- Clique
Pieck und Genossen liquidiert werden, wenn sie durch bezahlte Kreaturen aus dem
Westen nach dem Osten verschleppt werden, wenn die ehemaligen Genossen in den
Ostzonen- KZ' s zu Tode gequält werden. Die VVN schweigt. Längst ist die DDR das
geworden, wovon einst Leo Jogiches sagte, daß in ihr die Revolutionäre Tote auf
Urlaub seien.
Als aber unlängst im Westen eine "Warnliste" verschickt wurde, die
Organisationen und Namen von Sympathisierenden des Stalinismus-Bolschewismus
enthielt, schlug "Die Tat" zu dieser "Aktion" Lärm: "...
Gesinnungsschnüffelei... Diese finstere Jagd auf Mitbürger muß jeder anständige
Mensch, muß jeder loyale Staatsbürger ablehnen, da sie auch seine Sicherheit
untergräbt... Es ist Zeit, höchste Zeit, dass sich alle, die sich - und da ist
die Mehrheit der westdeutschen Bevölkerung - von solchen Gangster- und
Pinkerton- Methoden... und dunklen politischen...Machenschaften distanzieren..."
Wann wird die VVN sich nun eigentlich auch über die Gangster- Methoden ihrer
Genossen aus der DDR entrüsten ? Wann wird sie sich vom Menschenraub
distanzieren ? Der obige Kommentar kann auch ebenso gut zu der Entführung des
freiheitlichen Sozialisten Alfred Weiland durch SED- Banditen gelten.
Die nachfolgenden Zeilen sind dem "Hbg.- Echo" vom 21.11.1950 entnommen, wir
haben ihnen nichts hinzuzufügen.
Innerhalb weniger Tage ereigneten sich in Berlin mehrere Fälle, in denen Banden
aus dem Ostsektor Journalisten aus Westberlin zu entführen suchten. Während der
Anschlag gegen den "Telegraf"- Redakteur Nieke fehlschlug und die mit der
Entführung beauftragten SEP- Leute dingfest gemacht werden
konnten, fehlt von Alfred Weiland, Volkshochschullehrer und freier Journalist,
bisher jede Spur.
Alfred Weiland, der sich am 11. November aus seiner Wohnung begeben hatte um zur
Post zu gehen, wurde unterwegs auf bisher nicht aufgeklärte Weise überwältigt
und nach heftiger Gegenwehr in einem Kraftwagen nach dem Ostsektor entführt.
Wieder ist ein Mensch im Dunkel verschwunden. Seine
Angehörigen haben alles versucht, eine Spur von ihm zu finden. Bisher war ihr
Bemühen vergeblich.
Der 44- jährige ehemalige Schlosser ist seinen Freunden als kräftiger und
aufrechter Mensch bekannt.
Eines seiner Hauptanliegen war seit langem, Opfern des Terrors durch sein
unermüdliches Appellieren an das Rechtsgefühl der Menschheit zu helfen.
Unter der Hitlerdiktatur hat er selbst einige Jahre im Gefängnis und
Konzentrationslager zubringen müssen. Nach seiner Entlassung wirkte er - ohne
Rücksicht auf persönliche Beschwerden - aktiv gegen die Diktatur und für die
Unterstützung ihrer Opfer. Die Tatsache, dass nun wieder Menschen in
Konzentrations- und Strafarbeitslagern der Sowjetzone und weiter östlich
gehalten werden, dass alte, bewährte Demokraten und Kämpfer der freien
Arbeiterbewegung verschwinden, ohne daß es möglich ist, Lebenszeichen von ihnen
zu erhalten, ließ Alfred Weiland nicht ruhen. Er mühte sich redlich, durch seine
publizistische Arbeit die Weltöffentlichkeit für das Schicksal dieser Opfer zu
interessieren.
Vielleicht liegt hier der Schlüssel für das plötzliche gewaltsame Verschwinden
Weilands ? Vielleicht wollten die Kerkermeister und Geheimpolizisten der
Sowjetzone diesen einfachen redlichen Anwalt ihrer Opfer auf diese Weise stumm
machen.
Die Hörer der Volkshochschulkurse in Schöneberg, Moabit und Wedding wissen,
welch prächtigen Menschen der freche Handstreich der SEP- Gangster getroffen
hat. Aber es muß allen Deutschen außerhalb Berlins zum Bewußtsein kommen, welche
Pest mit den Entführungen um sich zu greifen droht. Wahrscheinlich wissen die im
mißglückten Entführungsfall Nieke festgenommenen Menschenräuber allerlei über
die Zusammenhänge zwischen den fortgesetzten Raubzügen zu berichten. Einer von
ihnen soll ja an der Verschleppung des kommunistischen Bundestagsabgeordneten
Kurt Müller beteiligt gewesen sein.
Es wird höchste Zeit, gegen die Handlanger und Hintermänner solchen Gangster
exemplarisch vorzugehen."
Literatur:
Hans Jürgen Degen: "Wir wollen keine Sklaven sein...". Der Aufstand des 17.
Juni 1953 (anarchistische Texte 34)
Benno Sarel: Arbeiter gegen den ,Kommunismus'. Zur Geschichte des proletarischen
Widerstandes in der DDR (1945-1958), Schriften zum Klassenkampf, Bd. 43.
Aus "Die freie Gesellschaft", 2. Jg. (1951), Nr. 15
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